Nach BGH-Urteil: Unzulässige Verwahrentgelte zurückfordern
Zwischen 2019 und der Zinswende im Jahr 2022 hatten mehrere Banken und Sparkassen Verwahrentgelte eingeführt. Diese erhoben sie in Form von Negativzinsen auf Guthaben. Aus Sicht der Verbraucherzentralen und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) war es aber nicht zulässig, dass die Kreditinstitute solche Verwahrentgelte berechneten.
Aus diesem Grund erhoben sie Klage. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Einschätzung der Verbraucherzentralen nun bestätigt und die entsprechenden Klauseln für unzulässig erklärt.
Betroffene Kunden können sich die bezahlten Verwahrentgelte deshalb zurückholen. Wir haben dafür einen Musterbrief vorbereitet!:
Inhalt
Wie kam es überhaupt zu den Negativzinsen?
Die Europäische Zentralbank (EZB) führte in der Niedrigzinsphase Mitte 2014 erstmals den Negativzins ein. Wenn Geschäftsbanken überschüssiges Geld kurzfristig bei der EZB parken wollten, mussten sie für Einlagen oberhalb bestimmter Freibeträge Strafzinsen bezahlen.
Der Satz für die Strafzinsen lag in der Spitze bei 0,5 Prozent. Daraufhin führten auch etliche Banken Negativzinsen ein, die sie ihren Kunden als Verwahrentgelte in Rechnung stellten.
Zunächst bezog sich die Regelung nur auf Geschäftskunden und auf Privatkunden mit sehr hohen Einlagen. Später wurden die Verwahrentgelte dann auf Neukunden und schließlich auch auf Bestandskunden ausgeweitet.
Im Juli 2022 schaffte die EZB die Negativzinsen wieder ab. Die meisten Banken verzichteten danach ebenfalls auf die Verwahrentgelte.
Was bedeutet das BGH-Urteil für Bankkunden?
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Banken dafür, dass sie Guthaben auf Tagesgeld- und Sparkonten verwahren, keine Negativzinsen erheben dürfen. Entsprechende Klauseln im Preisverzeichnis sind nicht zulässig.
Gleiches gilt für Girokonten, wenn die Berechnungsmethode in der Klausel für Kunden nicht transparent ist. In den Klauseln, die vor dem BGH verhandelt wurden, war das der Fall (Urteile vom 4. Februar 2025).
Die Entscheidung des BGH heißt für Kunden von Banken und Sparkassen, dass sie die zu Unrecht gezahlten Gebühren zurückverlangen können.
Der vzbz hat die Geldinstitute, um die es im Verfahren vor dem BGH ging, bereits dazu aufgefordert, die Verwahrentgelte zurückzuzahlen. Allerdings sind BGH-Urteile wegweisend. Deshalb können sie in aller Regel auch auf andere Banken übertragen werden.
Wir raten zu folgender Vorgehensweise:
Überprüfen Sie anhand Ihrer Kontoauszüge, ob und in welcher Höhe Ihnen Negativzinsen berechnet wurden.
Sollte das nicht möglich sein, weil Sie die entsprechenden Unterlagen nicht mehr haben oder die Beträge schwer zu beziffern sind, können Sie bei einem Girokonto eine Entgeltaufstellung von Ihrer Bank verlangen.
Der Anspruch auf eine kostenfreie Aufstellung über die Entgelte für das Konto ist in § 10 ZKG (Zahlungskontengesetz) verankert. Anschließend können Sie von Ihrer Bank verlangen, dass Sie die einbehaltenen Verwahrentgelte erstattet. Einen Musterbrief als Formulierungshilfe finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Um welche Kreditinstitute ging es vor dem BGH?
Der BGH entschied in seinen Urteilen am 4. Februar 2025 in diesen vier Verfahren:
vzbz gegen Volksbank Rhein-Lippe (Az. XI ZR 65/23): Im Preis- und Leistungsverzeichnis für private Girokonten hatte die Bank ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent pro Jahr auf Guthaben über 10.000 Euro vorgesehen. Die Regelung galt für Neueinlagen und Neuvereinbarungen ab April 2020.
vzbz gegen Sparda-Bank Berlin (Az. XI ZR 161/23): Die Bank hatte in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis geregelt, dass ein Verwahrentgelt von jährlich 0,5 Prozent auf Guthaben über 25.000 Euro bei Girokonten und über 50.000 Euro bei Tagesgeldkonten erhoben wird.
Verbraucherzentrale Hamburg gegen Commerzbank (Az. XI ZR 183/23): Neukunden der Commerzbank mussten ab Mitte 2020 bis Mitte 2022 ein jährliches Verwahrentgelt von 0,5 Prozent bezahlen, wenn ihre Einlagen den Freibetrag von 250.000 Euro überschritten. Mit Bestandskunden wurden entsprechende Vereinbarungen geschlossen.
Verbraucherzentrale Sachsen gegen Sparkasse Vogtland (Az. XI ZR 61/23): Im Jahr 2020 hatte die Sparkasse Vogtland ein Verwahrentgelt von 0,7 Prozent jährlich auf Einlagen über 5.000 Euro eingeführt, wenn Kunden ein neues Girokonto eröffnet oder das Kontomodell gewechselt haben.
Musterbrief: Unzulässige Verwahrentgelte zurückfordern
Auch wenn der BGH in vier konkreten Fällen geurteilt hat, lässt sich die Entscheidung, dass Verwahrentgelte in Form von Negativzinsen unzulässig sind, auch auf die Klauseln anderer Banken übertragen.
Wenn Sie solche Gebühren bezahlt haben, können Sie sich an unserem Musterbrief orientieren, um sich das Geld erstatten zu lassen:
Bankkunde
Anschrift
Geldinstitut
Anschrift
Datum
Rückforderung von Verwahrentgelten
Kontonummer: ____________________
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf die Einlagen auf Girokonten, Tagesgeldkonten und Sparkonten hätten keine Verwahrentgelte erhoben werden dürfen. In seinen Entscheidungen vom 4. Februar 2025 hat der Bundesgerichtshof entsprechende Klauseln für unzulässig erklärt (Az. XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23).
Folglich habe ich einen Anspruch auf die Erstattung der erhobenen Verwahrentgelte. Ich bitte daher, mir die unrechtmäßig berechneten Verwahrentgelte in Höhe von … Euro zuzüglich Zinsen auf meinem Konto gutzuschreiben. Die Gutschrift erwarte ich bis zum … (Datum + 4 Wochen). Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
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