Widerspruch gegen eine Entscheidung der Krankenkasse – Infos und Musterbrief, 2. Teil

Widerspruch gegen eine Entscheidung der Krankenkasse – Infos und Musterbrief, 2. Teil

Ob Reha, Krankengeld, Hilfsmittel, Operation oder Haushaltshilfe: Bewilligt die Krankenkasse eine beantragte Leistung nicht, sind die Enttäuschung und der Ärger oft groß. Schließlich drohen dem Versicherten dadurch womöglich nicht nur gesundheitliche, sondern auch finanzielle Nachteile. Aber er muss die Ablehnung nicht stillschweigend hinnehmen.

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Widerspruch gegen eine Entscheidung der Krankenkasse - Infos und Musterbrief, 2. Teil

Vielmehr hat er die Möglichkeit, mit einem Widerspruch gegen die Entscheidung der Krankenkasse vorzugehen. Dabei zeigt die Praxis, dass sich die Mühe lohnt. Denn viele Widersprüche sind erfolgreich und die Anträge werden am Ende doch bewilligt.

In einem ausführlichen Ratgeber haben wir die wichtigsten Infos zum Thema zusammengetragen. Im 1. Teil haben wir beantwortet, wann der Patient Widerspruch einlegen kann und wie der Widerspruch aussehen sollte. Einen Musterbrief haben wir ebenfalls bereitgestellt.

Hier ist der 2. Teil!:

Welche Fristen gelten für einen Widerspruch?

Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats, nachdem der Versicherte die Absage erhalten hat, bei der Krankenkasse vorliegen.

Diese Frist ist in § 84 SGG (Sozialgerichtsgesetz) festgelegt. Endet die Frist an einem Samstag, Sonntag oder bundeseinheitlichen Feiertag, verlängert sie sich bis zum nächsten Werktag.

Bekommt der Versicherte das Schreiben der Krankenkasse zum Beispiel am Ersten eines Monats, läuft die Frist für den Widerspruch also bis zum Ersten des darauffolgenden Monats.

Wichtig ist, den Widerspruch rechtzeitig abzuschicken, damit er vor Ablauf der Frist bei der Krankenkasse eingegangen ist. Denn entscheidend für die Einhaltung der Frist ist, wann der Widerspruch bei der Krankenkasse vorliegt und nicht, wann der Versicherte das Schreiben geschrieben oder abgeschickt hat.

Nun kann es aber vorkommen, dass ein Monat nicht ausreicht, um den Widerspruch gut zu begründen. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn der Versicherte erst das Gutachten des Medizinischen Dienstes anfordern muss, auf ärztliche Atteste wartet oder sich beraten lassen will, aber zeitnah keinen Termin bekommt.

Wird die Zeit knapp, kann der Versicherte zunächst nur allgemein Widerspruch einlegen.

Das heißt: Er erklärt in seinem Schreiben, dass er mit der Entscheidung der Krankenkasse nicht einverstanden ist. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass er die Begründung oder ärztliche Unterlagen nachreichen wird. Auf diese Weise bleibt die Frist gewahrt und der Versicherte gewinnt die Zeit, die er für eine schlüssige Begründung braucht.

Wer kann beim Widerspruch helfen?

Der Versicherte muss seinen Widerspruch nicht alleine schreiben, sondern kann sich von verschiedenen Stellen helfen lassen. Der erste Weg sollte immer zu den behandelnden Ärzten führen.

Sie kennen die Krankengeschichte und können begründen, warum die beantragte Maßnahme, ein Hilfsmittel oder ein bestimmtes Medikament aus medizinischer Sicht erforderlich ist.

Daneben kann sich der Versicherte an Beratungsstellen wenden, die ihm Auskunft über seine Rechte gegenüber der Krankenkasse erteilen. Ansprechpartner können die Stiftung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), die Verbraucherzentralen, Sozialverbände und Gewerkschaften sein.

Die Beratungsstellen informieren den Versicherten über Gesetzesregelungen und relevante Gerichtsurteile. Außerdem können sie aus ihrer Erfahrung heraus wertvolle Tipps für den Widerspruch geben. Je nach Beratungsstelle werden aber Gebühren in unterschiedlicher Höhe fällig.

Möchte sich der Versicherte anwaltlich beraten lassen, sollte er sich einen Fachanwalt für Sozialrecht suchen.

Die Unterstützung durch einen Anwalt kostet mehr als bei anderen Beratungsstellen. Ist das Widerspruchsverfahren erfolgreich, muss die Krankenkasse die Anwaltskosten aber erstatten.

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Widerspruch gegen eine Entscheidung der Krankenkasse - Infos und Musterbrief, 2. Teil (1)

Wie geht es nach dem Widerspruch weiter?

Hat der Versicherte Widerspruch eingelegt, muss die Krankenkasse den Fall noch einmal prüfen. In diesem Zuge entscheidet sie, ob sie die Leistung doch bewilligt. Dann wird von einer sogenannten Abhilfe gesprochen.

Bleibt die Krankenkasse bei ihrem Nein, wird der Fall automatisch an den Widerspruchsausschuss der Krankenkasse weitergeleitet.

Der Widerspruchsausschuss ist ein unabhängiges Gremium aus ehrenamtlichen Versicherten- und Arbeitnehmervertretern. Er entscheidet über das Anliegen und muss den Versicherten innerhalb von drei Monaten über das Ergebnis informieren.

Die Praxis zeigt aber, dass nur etwa ein Drittel aller Widersprüche den Ausschuss überhaupt erreicht. Der Großteil der Widersprüche ist vorher schon erledigt, entweder weil die Krankenkasse die beantragte Leistung doch bewilligt oder weil die Versicherten ihren Widerspruch zurücknehmen.

Wir raten dazu, hartnäckig zu bleiben. Denn der Versicherte hat nichts zu verlieren und die Chancen, dass er erfolgreich ist, sind gut.

Wenn die Krankenkasse nicht reagiert

Bleibt die Rückmeldung der Krankenkasse auf den Widerspruch aus, hat der Versicherte zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, dass er sich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beschwert.

Bei regionalen Krankenkassen ist das meist das Gesundheitsministerium des Bundeslandes, bei überregionalen Krankenkassen das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS). Eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde bewirkt aber nur, dass diese prüft, ob die Krankenkasse gegen geltendes Recht verstoßen hat.

Eine Entscheidung über den eigentlichen Fall kann die Behörde nicht treffen. Trotzdem ist es sinnvoll, die Behörde zu informieren, damit sie Kenntnisse über die Vorgehensweisen und Verfehlungen der Krankenkassen erlangt.

Die andere Möglichkeit ist, vor dem Sozialgericht wegen Untätigkeit zu klagen.

Dann verpflichtet das Gericht die Krankenkasse per Urteil dazu, über den Widerspruch zu entscheiden. Eine Klage ist aber erst möglich, wenn sich die Krankenkasse mit der Prüfung des Widerspruchs schon mehr als drei Monate Zeit gelassen hat.

Den Widerspruch nicht zurücknehmen!

Einige Krankenkassen schicken den Versicherten ein Schreiben zu, in dem sie suggerieren, der Widerspruch habe keine Aussicht auf Erfolg. Gleichzeitig fragen sie, ob der Versicherte seinen Widerspruch aufrechterhalten oder zurücknehmen will. Laut BAS wurden deswegen schon elf Krankenkassen abgemahnt.

Auf ein solches Schreiben muss der Versicherte nicht reagieren. Außerdem sollte er sich auf keinen Fall dazu drängen lassen, den Widerspruch zurückzuziehen. Denn nach der Rücknahme kann er nichts mehr gegen die Entscheidung der Krankenkasse unternehmen.

Auch auf mündliche Zusagen sollte er sich nicht verlassen, sondern auf einen schriftlichen Bescheid bestehen.

Erstellt die Krankenkasse keinen Abhilfebescheid, in dem die bewilligten Leistungen aufgeführt sind, sollte der Versicherte an seinem Widerspruch festhalten. Auf mündliche Aussagen kann er sich nicht berufen.

Hilft die Krankenkasse dem Widerspruch nur teilweise ab, genehmigt also nur einen Teil der Leistungen, kann es ebenfalls sinnvoll sein, den Widerspruch beizubehalten.

In diesem Fall entscheidet der Widerspruchsausschuss nämlich noch über die Leistungen, die die Krankenkasse abgelehnt hat. Zu verlieren hat der Versicherte also nichts.

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