Ausführlicher Ratgeber zum Ablauf eines Bußgeldverfahrens, 1. Teil

Ausführlicher Ratgeber zum Ablauf eines Bußgeldverfahrens, 1. Teil

Mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten oder über eine rote Ampel gefahren? In solchen Fällen dauert es meist nicht lange, bis der Bußgeldbescheid im Briefkasten liegt. Doch wie geht es dann weiter? In einem ausführlichen Ratgeber erklären wir den Ablauf eines Bußgeldverfahrens und beantworten die wichtigsten Fragen dazu!

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Ausführlicher Ratgeber zum Ablauf eines Bußgeldverfahrens, 1. Teil

Der Ablauf eines Bußgeldverfahrens im Überblick

Ein Bußgeldverfahren wird eingeleitet, wenn ein Verkehrsteilnehmer eine Ordnungswidrigkeit begangen hat und die Polizei deswegen die Ermittlungen aufnimmt.

In groben Zügen lässt sich der Ablauf des Verfahrens so zusammenfassen:

  • Ausgangspunkt für das Verfahren ist ein Vergehen im Straßenverkehr wie zum Beispiel eine Geschwindigkeitsüberschreitung, Handynutzung während der Fahrt oder das Überfahren einer roten Ampel.

  • Im ersten Schritt schalten sich die Behörden ein und ermitteln den Halter des Fahrzeugs.

  • Anschließend verschickt die zuständige Verwaltungsbehörde einen Anhörungsbogen. Durch den Anhörungsbogen soll zum einen der Fahrer eindeutig identifiziert werden. Zum anderen bekommt der Beschuldigte Gelegenheit, sich zum Vorfall zu äußern.

  • Danach bekommt der Beschuldigte den Bußgeldbescheid.

  • Verzichtet der Beschuldigte auf einen Einspruch, wird der Bußgeldbescheid zwar rechtskräftig. Bezahlt er aber das Bußgeld, ist die Sache erledigt.

  • Legt der Beschuldigte Einspruch ein, kommt es meist zum Hauptverfahren am Amtsgericht. Dieses kann mit einer Verurteilung oder einem Freispruch enden. Denkbar ist aber auch, dass die Behörde dem Einspruch stattgibt oder die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt.

Die einzelnen Verfahrensschritte schauen wir uns natürlich noch genauer an.

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Wie wird der Bußgeldbescheid zugestellt?

Den Bußgeldbescheid bekommt der Beschuldigte in aller Regel auf dem Postweg. Um eine Bestätigung dafür zu haben, dass der Bescheid erfolgreich zugestellt wurde, füllt der Postbote eine sogenannte Zustellungsurkunde aus, wenn er das Schreiben übergibt oder in den Briefkasten einwirft.

Im Unterschied zu einem Einschreiben muss der Empfänger den Brief nicht persönlich entgegennehmen. Der Postbote kann das Schreiben einfach in den Briefkasten einwerfen.

Das Datum vermerkt er in diesem Fall auf dem gelben Briefumschlag und auf der Zustellungsurkunde. Durch die Urkunde weiß die Behörde nachweislich, dass und wann der Bußgeldbescheid zugestellt wurde.

Der Beschuldigte kann deshalb nicht behaupten, er habe das Schreiben erst zu einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht erhalten.

Das Zustelldatum ist auch deshalb wichtig, weil die Frist für einen Einspruch ab dem Tag läuft, an dem der Bescheid zugestellt wurde.

Wann verjährt ein Bußgeldbescheid?

  • 26 Abs. 3 StVG (Straßenverkehrsgesetz) besagt, dass die Verjährungsfrist bei einer Ordnungswidrigkeit im Normalfall eine Verjährungsfrist von drei Monaten hat. Konkret heißt es dort: „Die Frist der Verfolgungsverjährung beträgt bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 Absatz 1 drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen ist noch öffentliche Klage erhoben worden ist, danach sechs Monate. […]“

Begeht der Verkehrsteilnehmer zum Beispiel am 15. März eine Ordnungswidrigkeit, wäre ihre Verfolgung verjährt, wenn der dazugehörige Bußgeldbescheid bis spätestens zum 14. Juni nicht ausgestellt wurde.

Allerdings kann die Verjährungsfrist unterbrochen werden und dadurch länger laufen. Das passiert zum Beispiel dann, wenn dem Beschuldigten zunächst ein Anhörungsbogen zugestellt wird, den dieser ausfüllen und zurückschicken soll.

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Was muss im Bußgeldbescheid stehen?

Gemäß § 65 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz) wird eine Ordnungswidrigkeit üblicherweise durch einen Bußgeldbescheid geahndet.

Gleichzeitig schreibt das Gesetz vor, dass im Bußgeldbescheid im Wesentlichen folgende Angaben enthalten sein müssen:

  • Kenndaten des Beschuldigten wie Name, Anschrift und Kfz-Kennzeichen

  • Kenndaten der zuständigen Verwaltungsbehörde

  • vorgeworfener Tatbestand mit Angabe von Uhrzeit und Ort

  • zugehörige Beweismittel wie zum Beispiel Foto vom Blitzer

  • Höhe des Bußgelds und der Gebühren

  • Rechtsbehelfsbelehrung

Sind eine oder mehrere dieser Angaben nicht vorhanden, kann der Bußgeldbescheid möglicherweise unwirksam sein. Wichtig zu wissen ist aber, dass nicht jede fehlende Angabe automatisch einen unwirksamen und rechtswidrigen Bescheid zur Folge hat.

Fehlt zum Beispiel das Foto vom Blitzer, kann der Beschuldigte es nachfordern oder online einsehen. Tatsächlich kommt es in der Praxis auch eher selten vor, dass die Behörden formal fehlerhafte Bußgeldbescheide verschicken.

Was hat es mit dem Anhörungsbogen auf sich?

Bevor die Behörde einen Bußgeldbescheid erlässt, schickt sie dem Beschuldigten einen sogenannten Anhörungsbogen zu. Auf dem Bogen kann der Beschuldigte ankreuzen, ob er den Verstoß zugibt oder nicht.

Außerdem kann er nähere Angaben zu seiner Person machen und den Vorfall aus seiner Sicht schildern.

Das Dokument dient aber nicht nur dazu, dem Beschuldigten die Möglichkeit zu geben, sich Gehör zu verschaffen. Stattdessen soll es auch den Fahrer des Fahrzeugs ausfindig machen, mit dem der Verkehrsverstoß begangen wurde.

Hintergrund hierzu ist, dass in Deutschland die sogenannte Fahrerhaftung gilt.

Für einen Verkehrsverstoß haftet also derjenige, der das Fahrzeug tatsächlich gefahren hat, und nicht der Fahrzeughalter.

Muss der Anhörungsbogen ausgefüllt werden?

Der Beschuldigte ist nicht dazu verpflichtet, den Anhörungsbogen komplett auszufüllen. Er muss sich weder zum vorgeworfenen Tatbestand äußern noch sich selbst belasten, sondern kann jegliche Aussage zum Sachverhalt verweigern.

Gesetzlich verpflichtet ist der Beschuldigte aber gemäß § 111 OWiG, der Aufforderung nachzukommen, Angaben zur Person offenzulegen.

Daten wie den Namen und die Anschrift oder das Geburtsdatum und den Geburtsort muss er also bestätigen oder berichtigen. Ignoriert der Beschuldigte den Anhörungsbogen, begeht er damit eine weitere, eigenständige Ordnungswidrigkeit.

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Benjamin Naue, - Jurist, Sabine Scheuer, - Rechtsberaterin, David Wichewski, - Anwalt, sowie Ferya Gülcan, Unternehmerin, Gründerin, Vertragserfahren in B2B & B2C, Betreiberin und Redakteurin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps, Anleitungen und Ratgeber für Verbraucher zum Thema Recht, Schriftverkehr und Kommunikation. Die Inhalte des Informationsangebots stellen keine Rechtsberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine rechtliche Beratung.

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