12 Fragen zur Patientenverfügung, 2. Teil

12 Fragen zur Patientenverfügung, 2. Teil

Durch eine Patientenverfügung kann der Betroffene im Vorfeld festlegen, wie er medizinisch behandelt werden möchte, falls er seinen Willen nicht äußern oder selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. Er kann bestimmen, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen und welche nicht. Damit die Patientenverfügung wirksam ist und im Ernstfall tatsächlich angewendet werden kann, müssen aber ein paar Vorgaben erfüllt sein.

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12 Fragen zur Patientenverfügung, 2. Teil

In einem zweiteiligen Beitrag beantworten wir zwölf Fragen zur Patientenverfügung. Hier ist der 2. Teil!:

  1. Wie lange ist eine Patientenverfügung gültig?

Wenn der Betroffene seine Patientenverfügung erstellt, muss er volljährig und in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen und Einwilligungen zu erteilen. Andernfalls erlangt die Patientenverfügung keine Gültigkeit.

Sind die formellen Anforderungen erfüllt, wird die Verfügung ab dem Moment gültig, in dem der Betroffene sie unterschrieben hat.

Ab der Unterschrift gilt die Patientenverfügung ohne zeitliche Begrenzung. Sie kann also prinzipiell bis zum Lebensende gültig bleiben. Es sei denn, der Betroffene nimmt Änderungen vor oder widerruft die Patientenverfügung komplett.

  1. Wie lässt sich eine Patientenverfügung widerrufen?

So wie der Betroffene jederzeit eine Patientenverfügung erstellen kann, kann er sie jederzeit auch widerrufen. Voraussetzung ist lediglich, dass er zum Zeitpunkt des Widerrufs eigenständig Entscheidungen treffen kann.

Der Widerruf kann schriftlich erfolgen, ist aber genauso mündlich oder durch entsprechendes Handeln möglich. Wichtig ist nur, dass klar erkennbar ist, dass der Betroffene seine Wünsche geändert hat.

Generell ist sinnvoll, immer mal wieder zu überprüfen, ob die getroffenen Regelungen nach wie vor im Sinne des Betroffenen sind. Wenn ja, kann der Betroffene mit Datum und Unterschrift bestätigen, dass alle Bestimmungen seinem Willen entsprechen.

Falls nein, kann er die jeweiligen Änderungen vornehmen. Auch die Änderungen sollte er mit dem Datum versehen und unterschreiben. Beglaubigt werden muss eine Aktualisierung nicht.

  1. Wo wird die Patientenverfügung hinterlegt?

Im Notfall sollte die Patientenverfügung schnellstmöglich verfügbar sein und angewendet werden. Aus diesem Grund sollte der behandelnde Arzt oder eine Vertrauensperson wissen, dass es eine Patientenverfügung gibt und wo sie sich befindet.

Eine andere Möglichkeit ist, dass der Betroffene eine Kopie der Patientenverfügung bei sich hat oder zum Beispiel auf einem Zettel im Geldbeutel vermerkt, wo er seine Verfügung aufbewahrt.

Außerdem kann der Betroffene seine Patientenverfügung beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen. Das geht sowohl online als auch auf dem Postweg.

Seit Anfang 2023 ist eine alleinige Registrierung der Patientenverfügung möglich. Vorher konnte die Verfügung nur zusammen mit einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung registriert werden.

  1. Sollte die Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung kombiniert werden?

Die Kombination aus Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ist sinnvoll. Im Rahmen der Vorsorgevollmacht kann der Betroffene Regelungen zu vermögensrechtlichen und persönlichen Fragen treffen. Dazu zählen Wohnungsangelegenheiten genauso wie die Annahme der Post oder auch eine Vertretung vor Gericht.

Derjenige, der in der Vollmacht als Bevollmächtigter eingesetzt ist, muss den Willen des Betroffenen aus der Patientenverfügung gegenüber den Ärzten durchsetzen. Wann die Vollmacht zum Einsatz kommt, kann gesondert vereinbart werden.

Gibt es keinen Bevollmächtigten, bestimmt bei Bedarf ein Gericht eine Person zum Betreuer. Dieser Betreuer kümmert sich dann darum, dass der in der Patientenverfügung dokumentierte Wille beachtet wird.

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Hat der Betroffene keine Vertrauensperson, der er eine Vorsorgevollmacht erteilen kann oder will, kommt die Betreuungsverfügung als Lösung infrage. Damit kann der Betroffene festlegen, wer vom Gericht zum Betreuer bestellt werden soll.

Sowohl die Vorsorgevollmacht als auch die Betreuungsverfügung sind Erweiterungen, durch die der Betroffene über die Patientenverfügung hinaus Vorkehrungen für den Ernstfall treffen kann.

  1. Wer entscheidet, wenn es keine Patientenverfügung gibt?

Ist keine Patientenverfügung vorhanden, muss der Ehepartner im Rahmen des Notvertretungsrechts, eine bevollmächtigte Person oder ein gerichtlich bestellter Betreuer entscheiden, was der Betroffene gewollt hätte. Ein Dritter muss also abwägen, ob der Betroffene zum Beispiel lebensverlängernde Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt hätte.

Die gesetzlichen Regelungen dazu enthält § 1827 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Demnach soll der mutmaßliche Wille des Betroffenen anhand konkreter Anhaltspunkte ermittelt werden.

Solche Anhaltspunkte können schriftliche oder mündliche Äußerungen, religiöse oder ethische Überzeugungen und persönliche Wertvorstellungen sein.

Es kann passieren, dass sich ein Notfall einstellt und in dieser Situation nicht bekannt ist, dass der Betroffene eine Patientenverfügung hat. Oder dass keine Zeit bleibt, um einen Bevollmächtigten oder Betreuer zu kontaktieren. In diesem Fall hat der Arzt die Pflicht, die medizinisch notwendige Behandlung zum Erhalt des Lebens einzuleiten.

  1. Was ist das Notvertretungsrecht für Ehegatten?

Seit Jahresbeginn 2023 ist das sogenannte Notvertretungsrecht für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner in Kraft. Dahinter verbirgt sich eine automatische Vertretungsbefugnis für Ehe- und Lebenspartner.

Sie greift, wenn es keine Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung gibt. Die Gültigkeit beträgt maximal sechs Monate.

Kann der Ehegatte oder Lebenspartner infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung selbst nicht mehr handeln und entscheiden, kann der andere Partner Entscheidungen im Bereich der Gesundheitssorge für ihn treffen. Dabei geht es in erster Linie um ärztliche Untersuchungen und Behandlungen.

Aber auch vermögensrechtliche Entscheidungen wie zum Beispiel der Abschluss eines Behandlungsvertrages fallen darunter. Die gesetzliche Grundlage für diese Vertretungsbefugnis ergibt sich aus § 1358 BGB.

  1. Kann eine Patientenverfügung auch Nachteile haben?

Grundsätzlich entstehen durch eine Patientenverfügung keine Nachteile. Probleme treten in der Praxis eigentlich nur dann auf, wenn die Formulierungen in der Verfügung fehlerhaft oder unvollständig sind. Oder wenn der Betroffene seine Wünsche nicht rechtzeitig geändert hat.

Beim Erstellen der Verfügung ist deshalb wichtig, so präzise und konkret wie möglich zu beschreiben, welche Behandlungen und Maßnahmen der Betroffene in welcher Situation will. Mustervorlagen sind dabei eine gute Hilfe.

Im Zweifel kann auch die Rücksprache mit dem Arzt für Klarheit sorgen.

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Für einen gesunden Menschen ist es oft schwer vorstellbar, wie es ist, wenn er in eine entsprechende Notfallsituation kommt. Aber niemand ist davor gefeit.

Außerdem ist die Patientenverfügung nicht in Stein gemeißelt, sondern kann jederzeit angepasst oder komplett widerrufen werden. Nachteiliger ist, wenn es keine Patientenverfügung gibt. Denn in diesem Fall treffen Dritte die Entscheidungen.

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Benjamin Naue, - Jurist, Sabine Scheuer, - Rechtsberaterin, David Wichewski, - Anwalt, sowie Ferya Gülcan, Unternehmerin, Gründerin, Vertragserfahren in B2B & B2C, Betreiberin und Redakteurin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps, Anleitungen und Ratgeber für Verbraucher zum Thema Recht, Schriftverkehr und Kommunikation. Die Inhalte des Informationsangebots stellen keine Rechtsberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine rechtliche Beratung.

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