Fristverlängerung beim Finanzamt beantragen – Infos und Vorlage, Teil 1

Fristverlängerung beim Finanzamt beantragen – Infos und Vorlage, Teil 1

Je nachdem, ob eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung besteht oder ob die Steuererklärung freiwillig abgegeben wird, gelten unterschiedliche Abgabefristen. Doch wenn die Zeit knapp wird, ist es möglich, eine Fristverlängerung beim Finanzamt zu beantragen.

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Das alljährliche Erstellen der Einkommensteuererklärung gehört sicher nicht zu den Lieblingsaufgaben. Doch so manchem Steuerzahler bleibt nichts anderes übrig, weil er dazu verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben. In anderen Fällen kann es sich lohnen, sich durch die Steuerformulare, Belege und Unterlagen zu arbeiten, um freiwillig eine Steuererklärung einzureichen.

Denn oft kann sich der Steuerzahler über eine Steuerrückerstattung freuen. Allerdings gelten für die Abgabe der Einkommensteuererklärung bestimmte Fristen, die der Steuerzahler einhalten muss. Welche Fristen das sind, wie eine Fristverlängerung beantragt werden kann und was sonst noch bei der Abgabe der Steuererklärung wichtig ist, erklären wir in einem zweiteiligen Beitrag.

Hier ist Teil 1. 

 

Wozu dient die Einkommensteuererklärung?

Mithilfe der Einkommensteuererklärung wird der Steuerzahler zur Einkommensteuer veranlagt. Das bedeutet: Das Finanzamt nutzt die Steuererklärung, um zu ermitteln, wie viel Einkommensteuer der Steuerzahler bezahlen muss. Dazu rechnet das Finanzamt erst einmal die Höhe der Einkünfte aus, die der Steuerzahler in dem Jahr, für das er die Steuererklärung abgibt, hatte. Von diesen Einkünften zieht das Finanzamt anschließend verschiedene Freibeträge und Pauschalen ab.

Hat der Steuerzahler in seiner Steuererklärung höhere Ausgaben geltend gemacht und erkennt das Finanzamt diese Ausgaben an, werden anstelle der Pauschalbeträge die tatsächlichen Ausgaben berücksichtigt. Das Einkommen, das nach Abzug der Ausgaben von den Einkünften übrig bleibt, ist das steuerpflichtige Einkommen.

Und je nachdem, wie hoch das Einkommen ist, das der Steuerzahler versteuern muss, werden unterschiedliche Steuersätze angelegt. Im Ergebnis weiß das Finanzamt nun aber, wie viel Einkommensteuer der Steuerzahler schuldet. Diese Steuerschuld verrechnet das Finanzamt daraufhin mit den Steuerzahlungen, die der Steuerzahler im Verlauf des Jahres bereits geleistet hat.

Stellt sich dabei heraus, dass die Steuervorauszahlungen höher waren als die Steuerschuld, bekommt der Steuerzahler die Differenz erstattet. Decken seine Vorauszahlungen die Steuerschuld hingegen nicht ab, muss er nachzahlen.

 

Was ist die Pflichtveranlagung und was die Antragsveranlagung?

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer unterscheidet das Einkommensteuergesetz zwischen zwei Varianten, nämlich zwischen der Pflicht- und der Antragsveranlagung:

  • Pflichtveranlagung bedeutet, dass die Veranlagung zur Einkommensteuer verpflichtend ist. Damit das Finanzamt die Höhe der geschuldeten Einkommensteuer feststellen kann, muss der Steuerzahler eine Steuererklärung abgeben.
  • Antragsveranlagung heißt, dass die Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag erfolgt. Der Steuerzahler gibt dazu freiwillig eine Steuererklärung ab und beantragt durch diese freiwillige Abgabe gleichzeitig, dass das Finanzamt die Höhe der geschuldeten Einkommensteuer feststellt.

Wer muss eine Steuererklärung abgeben?

Wann ein Arbeitnehmer eine Einkommensteuererklärung abgeben muss, ist in § 46 des Einkommensteuergesetzes geregelt. Demnach unterliegt der Steuerzahler beispielsweise dann der Pflichtveranlagung, wenn

  • er Einkünfte ohne Lohnsteuerabzug hatte oder Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosen-, Kranken-, Insolvenz- oder Elterngeld bezogen hat und diese Einnahmen höher waren als 410 Euro.
  • er neben seinem Hauptjob einen oder mehrere Nebenjobs hatte und diese nach Steuerklasse VI abgerechnet wurden.
  • sein Ehe- oder Lebenspartner auch beruftätig ist und die beiden die Lohnsteuerklassenkombination III/V oder IV/IV mit Faktor gewählt haben.
  • er Freibeträge beim Lohnsteuerabzug in Anspruch nimmt.
  • er verwitwet ist oder geschieden wurde und im selben Jahr wieder geheiratet hat.
  • er einen Verlustvortrag geltend gemacht hat.
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Ist der Steuerzahler selbstständig, muss er ebenfalls eine Steuererklärung abgeben. Gleiches gilt, wenn der Steuerzahler Rentner oder Pensionär ist und seine Einkünfte über der Freigrenze liegen. Außerdem muss der Steuerzahler immer dann eine Einkommensteuererklärung abgeben, wenn ihn das Finanzamt dazu auffordert.

 

Wann kann es sich lohnen, freiwillig eine Steuererklärung abzugeben?

Ist der Steuerzahler Arbeitnehmer, behält der Arbeitgeber die Lohnsteuer, den Soli und eventuell die Kirchensteuer automatisch ein und führt diese Abgaben ans Finanzamt ab. Die Lohnsteuer ist eine Form, in der die Einkommensteuer erhoben wird. Im Prinzip ist aus steuerlicher Sicht für den Arbeitnehmer damit alles erledigt. Aber: Als Grundlage für die Berechnung der Lohnsteuer dient das Arbeitseinkommen im gesamten Jahr, abzüglich gewisser Freibeträge und Pauschalen. Hatte der Steuerzahler

  • Werbungskosten,
  • außergewöhnliche Belastungen,
  • Sonderausgaben oder
  • Aufwendungen für Handwerkerleistungen, haushaltsnahe Dienstleitungen oder eine Haushaltshilfe

und waren diese Ausgaben höher als die Pauschbeträge, kann er meist mit einer Steuererstattung rechnen. Und vor allem was die Werbungskosten angeht, ist der Pauschbetrag recht schnell überschritten. Fährt der Arbeitnehmer jeden Tag zur Arbeit, sind nämlich oft allein schon die Fahrtkosten höher als die Werbungskostenpauschale.

Daneben lohnt sich die freiwillige Abgabe der Steuererklärung in aller Regel dann, wenn der Steuerzahler nicht das ganze Jahr über sein Arbeitsentgelt bezogen hat, sondern zwischendurch beispielsweise längere Zeit krank oder arbeitslos war. Auch in diesem Fall dürften seine Steuervorauszahlungen in vielen Fällen höher sein als seine tatsächliche Steuerschuld.

 

Welche Abgabefristen gelten bei der Steuererklärung?

Welche Abgabefrist der Steuerzahler einhalten muss, hängt davon ab, ob er zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet ist oder ob er die Steuererklärung freiwillig abgibt.

Bei einer freiwilligen Abgabe der Steuererklärung kann sich der Steuerzahler vier Jahre Zeit lassen. Der Stichtag ist dann der 31. Dezember des vierten Jahres nach dem Jahr, auf das sich die Steuererklärung bezieht. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 kann der Steuerzahler somit bis zum 31. Dezember 2021 beim Finanzamt einreichen. Mit der Steuererklärung für das Jahr 2018 kann er sich bis zum 31. Dezember 2022 Zeit lassen.

Anders sieht es aus, wenn der Steuerzahler dazu verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben. In diesem Fall ist die Abgabefrist nämlich deutlich kürzer. Der Stichtag hier ist der 31. Mai des Folgejahres. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 muss somit spätestens am 31. Mai 2018 beim Finanzamt eingegangen sein.

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Steuerzahler seine Steuererklärung nicht selbst erstellt, sondern einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein damit beauftragt. Dann verlängert sich die Abgabefrist auf den 31. Dezember des Folgejahres, im Fall der Steuererklärung für das Jahr 2017 also auf den 31. Dezember 2018.

Ab dem Steuerjahr 2018 wird es eine Neuerung geben. Ab dann hat der Steuerzahler nämlich zwei Monate mehr Zeit für seine Steuererklärung. Statt am 31. Mai muss die Steuererklärung somit erst am 31. Juli beim Finanzamt vorliegen. Da die neue Regelung ab dem Steuerjahr 2018 gilt und die Steuererklärung für 2018 im Jahr 2019 abgegeben wird, wird also der 31. Juli 2019 erstmals zum entscheidenden Stichtag für die Pflichtabgabe der Steuererklärung.

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In Teil 2 erklären wir, wie der Steuerzahler eine Fristverlängerung beim Finanzamt beantragen kann, wenn die Zeit knapp wird. Und eine Vorlage für den Antrag gibt’s obendrauf.

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