Reise wegen höherer Gewalt kündigen – Infos, Tipps & Musterbrief

Reise wegen höherer Gewalt kündigen – Infos, Tipps & Musterbrief

Die Vorfreude auf den Urlaub war groß. Doch plötzlich erschüttert ein Krisenereignis das Urlaubsziel. Kann die Reise dann wegen höherer Gewalt gekündigt werden?

Anzeige

Eine Naturkatastrophe, eine Epidemie, politische Unruhen oder ein Krieg: Ein Krisenereignis kann den Urlaubsfreuden ein jähes Ende bereiten. Doch vor allem Urlauber, die eine Pauschalreise gebucht haben, haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, den Reisevertrag wegen höherer Gewalt zu kündigen.

Akzeptiert der Reiseveranstalter die Kündigung, werden keine Stornogebühren fällig. Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Die wichtigsten Infos und Tipps zur einer Reisekündigung wegen höherer Gewalt haben wir im Folgenden zusammengestellt. Am Ende des Beitrags findet sich zudem ein Musterbrief für ein Kündigungsschreiben.

Wann ist ein Fall von höherer Gewalt gegeben?

Ein Ereignis, das von außen kam, unabwendbar und nicht vorhersehbar war und die Reise erheblich erschwert, gefährdet oder unmöglich macht – so definieren Juristen höhere Gewalt. Konkret sind Erdbeben, Waldbrände, Hurrikans, Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen Fälle höherer Gewalt. Epidemien gehören ebenfalls dazu.

Auch Streiks von Fluglotsen, politische Unruhen und Kriege zählen als höhere Gewalt. Im Unterschied dazu handelt es sich bei Terrordrohungen und einzelnen Terroranschlägen nicht um höhere Gewalt.

Ein wichtiges Indiz sind Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Eine vorliegende Reisewarnung bedeutet zwar nicht, dass Urlauber deshalb automatisch ein Kündigungsrecht wegen höherer Gewalt haben. Umgekehrt muss eine fehlende Reisewarnung nicht bedeuten, dass keine höhere Gewalt vorliegt. Meistens orientieren sich die Reiseveranstalter aber an den Warnungen und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes.

Spricht das Auswärtige Amt oder der Reiseveranstalter hingegen eine Reisewarnung aus und bucht der Urlauber trotzdem eine Reise, nimmt er bewusst ein höheres Risiko in Kauf. Folglich kann er sich im Nachhinein bei einer Kündigung nicht mehr auf höhere Gewalt berufen.

Wann eine Reise durch das Krisenereignis erheblich erschwert oder gefährdet ist, bestimmt sich nach der Lage vor Ort. Die persönliche Einschätzung des Reisenden spielt letztlich keine Rolle. Hat der Urlauber also beispielsweise Angst oder ist ihm beim Gedanken an den Zielort unwohl, kann er seine Kündigung nicht mit höherer Gewalt begründen.

 

Was gilt bei einer Kündigung vor Reiseantritt?

Kommt es zu einem Ereignis höherer Gewalt, kann der bestehende Reisevertrag sowohl vom Urlauber als auch vom Reiseveranstalter gekündigt werden. War die Reise zu diesem Zeitpunkt noch nicht angetreten, erhält der Reisende den Reisepreis oder den bereits angezahlten Betrag zurück.

Bearbeitungsgebühren oder die sonst üblichen Stornokosten darf der Reiseveranstalter nicht abziehen. Im Gegenzug ist der Reiseveranstalter aber auch nicht mehr dazu verpflichtet, die Reise durchzuführen, weil der Reisevertrag ja nicht mehr besteht.

Aber:

Bevor der Reisende den Reisevertrag kündigt, sollte er sich mit seinem Reiseveranstalter in Verbindung setzen. Im Krisenfall oder bei einer schwierigen Sicherheitslage bieten die Reiseveranstalter meist von sich aus kostenfreie Umbuchungen und teilweise auch Stornierungen an.

Der Reisende muss sich mit einer Umbuchung zwar nicht einverstanden erklären. Inwieweit tatsächlich ein Fall von höherer Gewalt vorliegt, ist aus rechtlicher Sicht jedoch oft schwer zu beurteilen. Und bevor der Reisende gar nichts von seinem Urlaub hat, ist es vielleicht der bessere Weg, wenn er sich mit seinem Reiseveranstalter wenigstens auf eine Umbuchung einigen kann.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  5 Tipps für eine wirksame Vollmacht

Besonders knifflig ist die Situation, wenn es sich um eine Frühbucherreise handelt. Maßgeblich hier ist die Krisenprognose für den Zeitraum der Reise. Ist beispielsweise die gesamte Urlaubsregion stark verwüstet oder besteht die Gefahr, dass sich das Krisenereignis wiederholt, dürften die Chancen auf eine Kündigung wegen höherer Gewalt gut stehen.

Ist hingegen nur das gebuchte Hotel leicht beschädigt oder bleibt bis zum Reiseantritt noch soviel Zeit, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Schäden bis dahin weitgehend wieder behoben sind, kann der Reiseveranstalter die Kündigung zurückweisen. Insgesamt ist eine Kündigung wegen höherer Gewalt somit umso schwerer durchzusetzen, je weiter entfernt der Urlaubszeitraum ist, denn dies macht eine Prognose umso schwieriger.

 

Was gilt bei einer Kündigung nach Reisebeginn?

Tritt das Krisenereignis nach Reiseantritt ein und bricht der Urlauber deswegen seine Reise ab, muss er nur die Reiseleistungen bezahlen, die er bis zum Zeitpunkt des Abbruchs in Anspruch genommen hat. Dazu gehören die Kosten für den Hin- und Rückflug, für das Hotel und eventuell für Ausflüge.

Die Kosten für Reiseleistungen, die bis dahin nicht erbracht wurden, werden dem Urlauber erstattet. Außerdem ist der Reiseveranstalter dazu verpflichtet, sich so schnell wie möglich um einen Rücktransport zu kümmern. Sind die Kosten für den vorzeitigen Rückflug höher, teilen sich der Reiseveranstalter und der Urlauber die Mehrkosten. Alle weiteren Mehrkosten, beispielsweise wenn der Urlauber länger vor Ort bleiben muss als geplant, muss der Urlauber selbst übernehmen.

Schadensersatzansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter, etwa weil das Reisegepäck durch das Krisenereignis beschädigt wurde, kann der Urlauber nicht geltend machen. Entscheidet sich der Urlauber gegen einen vorzeitigen Reiseabbruch besteht unter Umständen die Möglichkeit, den Reisepreis zu mindern. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Reiseveranstalter die gebuchten Reiseleistungen nicht wie vereinbart oder gar nicht erbringen kann.

 

Was ist mit einer gebuchten Rundreise?

Ob eine kostenlose Stornierung einer gebuchten Rundereise in Frage kommt, hängt davon ab, welche Bestandteile der Rundreise ausfallen. Können infolge des Krisenereignisses entscheidende Höhepunkte der Rundreise nicht angesteuert werden, wird eine Kündigung wegen höherer Gewalt wahrscheinlich möglich sein.

Kann hingegen nur ein kleiner Teil des Ausflugsprogramms nicht durchgeführt werden oder fällt eine eher unbedeutende Sehenswürdigkeit weg, dürfte bestenfalls ein Reisemangel vorliegen, der eventuell eine geringfügige Minderung des Reisepreises rechtfertigt.

 

Greift die Reiserücktrittversicherung?

Die Reiserücktritt- oder Reiseabbruchversicherung kann der Urlauber im Fall von höherer Gewalt nicht in Anspruch nehmen. Denn dieses Risiko deckt sie in aller Regel nicht ab.

Sie springt stattdessen ein, wenn der Urlauber seine Erkrankung beispielsweise wegen einer schweren Erkrankung oder eines Todesfalls in der Familie nicht antreten kann oder vorzeitig abbrechen muss.

 

Was gilt für Individualreisende?

Bei Individualreisen greift das Pauschalreiserecht nicht. Eine Individualreise ist eine Reise, bei der der Urlauber kein Komplettpaket bucht, sondern die einzelnen Reiseleistungen selbst zusammenstellt und als Einzelleistungen bucht. Dabei kommen dann auch mehrere Verträge zustande, beispielsweise mit der Fluggesellschaft und dem Hotel.

Im Fall von höherer Gewalt muss der Reisende bei einer Stornierung oder Umbuchung seines Flugs grundsätzlich entsprechende Gebühren bezahlen. Eine Erstattung des Flugpreises gibt es nur dann, wenn der Flug ersatzlos gestrichen wird. Oft zeigen sich die Fluggesellschaften aber kulant und bieten kostenfreie Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeiten an.

Beim Mietvertrag mit dem Hotel ist es ähnlich. Auch hier wird der Urlauber meist nicht um Stornogebühren herumkommen, wenn die Unterkunft trotz des Krisenereignisses ganz normal geöffnet hat.

Musterbrief: Eine Reise wegen höherer Gewalt kündigen

 

Reisender
Anschrift

 

Reiseveranstalter
Anschrift

Ort, Datum

 

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Übersicht: welche Angaben eine Rechnung enthalten muss

 

Kündigung wegen höherer Gewalt

Buchungsnummer: ______________________________

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

unter der oben genannten Buchungsnummer habe ich bei Ihnen eine Reise nach ___________________ im Reisezeitraum vom __________ bis zum __________ gebucht.

Wie Ihnen sicher bekannt ist, hat sich am gebuchten Urlaubsort/in der gebuchten Urlaubsregion _______(Beschreibung des Krisenereignisses)_______ ereignet. Auch das Auswärtige Amt hat deswegen eine Reisewarnung/einen Sicherheitshinweis ausgesprochen.

Da es sich bei diesem Ereignis um einen Fall von höherer Gewalt handelt, der bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar war und die Reise nun erheblich beeinträchtigt/gefährdet, kündige ich hiermit den mit Ihnen geschlossenen Reisevertrag wegen höherer Gewalt.

Bitte lassen Sie mir in den nächsten Tagen eine Bestätigung zukommen, aus der hervorgeht, dass das Vertragsverhältnis nicht mehr besteht.

Den bereits bezahlten Reisepreis/Die bereits geleistete Anzahlung in Höhe von _______ Euro erstatten Sie bitte an

Kontoinhaber: ________________________
IBAN: ______________________________

 

Mit freundlichen Grüßen,

Unterschrift

 

Mehr Vorlagen, Tipps, Anleitungen und Ratgeber:

Anzeige

Thema: Reise wegen höherer Gewalt kündigen – Infos, Tipps & Musterbrief

 

-

Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns


musterbriefe99

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Benjamin Naue, - Jurist, Sabine Scheuer, - Rechtsberaterin, David Wichewski, - Anwalt, sowie Ferya Gülcan, Unternehmerin, Gründerin, Vertragserfahren in B2B & B2C, Betreiberin und Redakteurin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps, Anleitungen und Ratgeber für Verbraucher zum Thema Recht, Schriftverkehr und Kommunikation. Die Inhalte des Informationsangebots stellen keine Rechtsberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine rechtliche Beratung.

Kommentar verfassen