Haftungsbeschränkung zur Volljährigkeit – Infos und Musterbrief
Wenn die Eltern Schulden anhäufen, können die Gläubiger das Geld unter Umständen von den Kindern verlangen, sobald diese volljährig sind. Allerdings müssen die Kinder die Zahlungen nicht unbedingt leisten. Zudem haften die Kids generell nur mit dem Vermögen, das sie bereits vor der Volljährigkeit hatten.
Einfach ignorieren können die Kinder die Forderungen der Gläubiger aber nicht. Stattdessen müssen sie der Zahlungsaufforderung mit Verweis auf die Minderjährigenhaftung widersprechen.
In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Infos rund um die Haftungsbeschränkung zur Volljährigkeit zusammengestellt und zeigen einen Musterbrief:
Inhalt
Die Beschränkung der Haftung Minderjähriger
Der Gesetzgeber schützt Minderjährige davor, dass sie ihr Erwachsenenleben mit Schulden beginnen. Die Regelungen dazu stehen in § 1629a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Trotzdem kann es passieren, dass Kinder und Jugendliche mit Schulden konfrontiert sind. Möglich ist das zum Beispiel dann, wenn die Eltern Verträge auf den Namen der Kinder abschließen. Oder wenn die Eltern Verträgen zustimmen, deren Kosten die Kids nicht bezahlen können.
Denkbar ist aber auch, dass die Eltern Überzahlungen von Sozialleistungen bekommen haben, zum Beispiel im Zusammenhang mit Hartz IV. Weil solche Überzahlungen an den ganzen Haushalt ausgezahlt wurden, müssen später auch alle Mitglieder dieses Haushalts für die Rückzahlung einstehen. Und wenn die Eltern die Zahlungen nicht leisten können, treten die Ämter an die Kinder heran.
In vielen Fällen müssen die Kinder solche Schulden nicht bezahlen, wenn sie volljährig geworden sind. Allerdings müssen sie selbst aktiv werden und den Forderungen widersprechen. Denn von alleine sind die Schulden nicht vom Tisch.
Bei Forderungen, die vor Beginn der Volljährigkeit entstanden sind, können die Kinder ihre Haftung beschränken. Denn grundsätzlich müssen sie nur das Vermögen einsetzen, das ihnen vor Eintritt der Volljährigkeit gehörte.
Das bedeutet:
Geld, das die Kinder vor ihrem 18. Geburtstag geschenkt bekommen oder angespart haben, müssen sie verwenden, um alte Schulden zu bezahlen. Geldgeschenke, die sie zum 18. Geburtstag und danach erhalten haben, müssen sie hingegen nicht für die Tilgung von Altschulden nutzen.
Auch unpfändbare Gegenstände werden nicht zur Schuldentilgung herangezogen. Dazu gehören übliche Haushalts- und Gebrauchsgegenstände wie zum Beispiel das ältere und viel genutzte Smartphone oder der Computer, den der Nachwuchs auch für die Schule braucht. Nebeneinnahmen aus einem Aushilfs- oder Ferienjob sind ebenfalls nicht pfändbar.
Wann die Haftungsbeschränkung greift
Die beschränkte Minderjährigenhaftung gilt sowohl für einfache Forderungen aus Bestellungen und Käufen als auch für Verträge mit längerer Laufzeit wie zum Beispiel Abos und Mitgliedschaften.
Außerdem können sich Kinder mit Beginn der Volljährigkeit gegen Rückforderungen von Ämtern und Behörden schützen. Das ändert sich auch dann nicht, wenn die Zahlungsaufforderung erst nach dem 18. Geburtstag eintrifft.
Denn maßgeblich dafür, dass die Kinder die Forderung zurückweisen können, ist, dass die Ursache für die Zahlungsverpflichtung gegeben war, bevor der Nachwuchs die Volljährigkeit erreichte.
Haben die Kinder absichtlich Dritte geschädigt, können sie sich aber nicht auf die Haftungsbeschränkung berufen. Waren sie zum Beispiel als Schwarzfahrer mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs oder haben sie sich verbotenerweise als Graffiti-Künstler versucht, müssen sie die daraus entstandenen Forderungen begleichen.
Wie Betroffene vorgehen sollten
Die Haftungsbeschränkung mit Erreichen der Volljährigkeit greift nicht automatisch. Betroffene, die ihren 18. Geburtstag gefeiert haben, müssen selbst eine sogenannte Einrede erheben.
In diesem Zuge müssen sie dem jeweiligen Gläubiger zum einen mitteilen, dass die Forderung während ihrer Kindheit oder Jugend entstanden ist. Zum anderen müssen sie erklären, dass sie gegen die Zahlungsaufforderung von der Haftungsbeschränkung Gebrauch machen, weil sie als Minderjährige über kein oder kein ausreichendes Vermögen verfügten.
Die Erhebung der Einrede sollte grundsätzlich schriftlich erfolgen, damit ein Nachweis vorhanden ist.
Rückt der 18. Geburtstag in greifbare Nähe, sollten die Kinder bei ihren Eltern außerdem nachfragen, ob irgendwelche offenen Zahlungsverpflichtungen oder Rückzahlungen von Sozialleistungen im Raum stehen. Ist das der Fall, sollten sie zum einen die aktuell vorhandenen Vermögenswerte auflisten.
Zum anderen ist sinnvoll, einen Kontoauszug vom Giro- und Sparkonto mit dem Stand vor dem 18. Geburtstag zu erstellen und gut aufzubewahren. Daneben sollten sämtliche Quittungen und Belege von Anschaffungen aufgehoben werden, die nach dem 18. Geburtstag getätigt wurden.
Sollte es notwendig werden, Angaben zum Vermögen zu machen, sind solche Unterlagen wichtig und nützlich.
Eine bestimmte Frist, innerhalb derer Einrede erhoben werden muss, gibt es nicht. Wenn sich ein Gläubiger wegen Schulden aus der Kindheit und Jugend meldet, sollten inzwischen volljährig gewordene Betroffene aber zeitnah reagieren und ihre Situation schildern.
Ein Kontoauszug und eine einfache Auflistung genügen, um nachzuweisen, dass kein verwertbares Vermögen vorhanden ist.
Auch wenn ein Inkassounternehmen Zahlungen einfordert, sollten Betroffene darauf verweisen, dass sie zu dem Zeitpunkt, als die Forderung entstand, minderjährig waren. Wichtig ist zudem, auf keinen Fall irgendwelche Schuldanerkenntnisse oder Ratenzahlungsvereinbarungen zu unterschreiben. Statt der Formulare, die das Inkassounternehmen seinem Schreiben beilegt, sollten Betroffene mit einem eigenen Brief antworten und darin die Haftungsbeschränkung geltend machen.
Haftungsbeschränkung zur Volljährigkeit – ein Musterbrief
Wir haben eine Vorlage erstellt, an der sich Betroffene orientieren können, um Forderungen zu widersprechen. Sollten Gläubiger an ihren Forderungen festhalten und gibt es Fragen zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung im eigenen Fall, können Schuldnerberatungsstellen und Wohlfahrtsverbände weiterhelfen.
Geht es um Rückforderungen von Ämtern, können auch Einrichtungen der Sozialberatung die richtigen Ansprechpartner sein.
Absender
Anschrift
Empfänger
Anschrift
Datum
Einrede und Beschränkung der Minderjährigenhaftung gegenüber Ihrer Forderung Az. ____________________
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom __________ fordern Sie mich zur Zahlung von __________ Euro auf. Gegen diese Forderung lege ich hiermit die Einrede der Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629a BGB ein.
Als Ihre Forderung entstanden ist, war ich noch minderjährig. Das 18. Lebensjahr habe ich am __________ vollendet. Zum Nachweis lege ich eine Kopie meines Personalausweises bei. Als Minderjähriger besaß ich keinerlei verwertbares Vermögen.
Daher bitte ich, die Forderung gegen mich nicht weiter zu verfolgen. Bitte schicken Sie mir innerhalb der kommenden 14 Tage eine entsprechende Bestätigung zu. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
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