Prozesskostenhilfe – was ist das eigentlich?

Prozesskostenhilfe – was ist das eigentlich? 

Nicht selten muss ein Gericht entscheiden, wenn sich zwei Parteien nicht gütlich einigen können.

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Ein Rechtsstreit, der vor Gericht geführt wird, verursacht jedoch Kosten. Handelt es sich um ein Verfahren, bei dem die Vertretung durch einen Anwalt vorgeschrieben ist, oder möchten die Beteiligten nicht auf anwaltlichen Beistand verzichten, fallen neben den Gerichtskosten auch noch Anwaltskosten an.

Nun ist aber nicht jeder in der Lage, diese Kosten aufzubringen. An dieser Stelle kommt die Prozesskostenhilfe ins Spiel.

Aber was ist das eigentlich?: 

Was ist Prozesskostenhilfe?

Die Prozesskostenhilfe wird kurz PKH und umgangssprachlich auch Gerichtskostenbeihilfe genannt. Im Zusammenhang mit dem Familienrecht und mit Angelegenheiten, die in den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören, wird anstelle von der Prozesskostenhilfe von der Verfahrenskostenhilfe gesprochen.

Dabei handelt es sich bei der Prozesskostenhilfe um eine finanzielle Hilfeleistung des Staates. Durch diese Leistung soll sichergestellt sein, dass auch diejenigen, die die Verfahrenskosten nicht aus eigenen Mitteln aufbringen können, die Möglichkeit haben, ihre Rechte vor Gericht zu verfolgen oder zu verteidigen.  

Für welche Verfahren kann Prozesskostenhilfe gewährt werden?

Grundsätzlich ist Prozesskostenhilfe bei nahezu allen Verfahren möglich. Ob derjenige, der die Hilfeleistung in Anspruch nimmt, seine eigenen Ansprüche durchsetzen möchte oder sich gegen die Forderungen eines Dritten zur Wehr setzen muss, also ob er Kläger oder Beklagter ist, spielt dabei keine Rolle.

Können die Verfahrenskosten in maximal vier Raten bezahlt werden oder übernimmt ein Dritter die Kosten, beispielsweise eine Rechtschutzversicherung, besteht allerdings kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Außerdem wird die Leistung nicht gewährt, wenn die Eltern eines unverheirateten Kindes oder der Ehepartner infolge ihrer gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Verfahrenskosten aufkommen müssen.

Eine Besonderheit gibt es außerdem im Strafrecht. In einem Strafverfahren können das Opfer als Nebenkläger oder der Kläger bei einem Verfahren ohne Mitwirkung der Staatsanwaltschaft Prozesskostenhilfe erhalten. Im Gegensatz dazu hat der Angeklagte keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Diese ist aber auch nicht erforderlich, denn um seine Rechte zu verteidigen, wird ihm bei Bedarf ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt.  

Unter welchen Voraussetzungen wird Prozesskostenhilfe gewährt?

Die Prozesskostenhilfe soll gewährleisten, dass niemandem allein aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse die Möglichkeit auf ein Gerichtsverfahren verwehrt bleibt. Andererseits sollen aber auch nicht ständig Gerichtsverfahren aus der Staatskasse finanziert und damit letztlich von der Allgemeinheit bezahlt werden.

Deshalb benennt der Gesetzgeber drei Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Prozesskostenhilfe gewährt werden kann:

1.       Bedürftigkeit muss gegeben sein.

Bedürftigkeit liegt dann vor, wenn die Person, die die Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen möchte, die Prozesskosten aus eigenen Mitteln nicht, nur anteilig oder nur in Raten aufbringen kann.

Als Nachweis dafür müssen eine Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgegeben und die Angaben mit beispielsweise Kontoauszügen, Einkommensnachweisen oder Bewilligungsbescheiden belegt werden.

2.       Der Prozess muss ausreichende Erfolgsaussichten bieten.

Wird Prozesskostenhilfe beantragt, prüft das Gericht zunächst, ob der geplante Prozess Aussicht auf Erfolg verspricht. Prozesskostenbeilhilfe kann nur dann gewährt werden, wenn eine reelle Chance besteht, den Prozess zu gewinnen.

3.       Der geplante Prozess darf nicht den Anschein von Mutwilligkeit erwecken.

Würde eine Person den Prozess in dieser Form nicht anstreben, wenn sie die Kosten aus eigener Tasche bezahlen müsste, erscheint das Gerichtsverfahren mutwillig. In diesem Fall wird keine Prozesskostenhilfe gewährt.   

Wo und wie kann Prozesskostenhilfe beantragt werden?

Prozesskostenhilfe wird nur auf Antrag gewährt. Dabei setzt sich der Antrag aus zwei wesentlichen Bestandteilen zusammen. Der eine Bestandteil ist ein formloser Antrag, durch den die Prozesskostenhilfe als solches beantragt wird. Gleichzeitig wird in diesem Schreiben möglichst ausführlich erläutert, worum es in dem Rechtsstreit geht und welche Beweismittel vorhanden sind. Anhand dieser Angaben überprüft das Gericht die Erfolgsaussichten des angestrebten Gerichtsverfahrens.

Der Antrag kann entweder selbst formuliert, von einem Anwalt aufgesetzt oder auch direkt bei Gericht zu Protokoll gegeben werden. Zuständig hierfür ist das Gericht, vor dem das Verfahren geführt werden soll, der Antragsteller kann sich aber auch an jedes beliebige Amtsgericht wenden.

Der zweite Bestandteil des Antrag ist die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Für diese Erklärung gibt es einen amtlichen Vordruck, der bei Amtsgerichten und Rechtsanwälten erhältlich ist und im Internet als Online-Formular zur Verfügung steht. Der Antrag, die ausgefüllte und unterschriebene Erklärung und Nachweise, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse belegen, werden dann bei dem Gericht eingereicht, vor dem der Prozess stattfinden wird.  

Wie wird Prozesskostenhilfe gewährt?

Nach der Überprüfung des Antrags beschließt das Gericht, ob und in welchem Umfang Prozesskostenhilfe gewährt wird. Den entsprechenden Bescheid schickt das Gericht dem Antragsteller zu. Aus diesem Bescheid geht hervor, ob die Verfahrenskosten vollständig aus der Staatskasse bezahlt werden oder ob sich der Antragsteller anteilig an den Kosten beteiligen muss.

Für die Kosten, die der Antragsteller selbst aufbringen muss, kann das Gericht eine Ratenzahlung festsetzen. Dabei ist die Anzahl der Monatsraten auf maximal 48 beschränkt und die Höhe der Raten ist entsprechend der Einkommensverhältnisse gesetzlich geregelt. Außerdem steht in dem Bescheid, ob dem Antragsteller ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Ordnet das Gericht einen Anwalt bei, sind durch die Prozesskostenhilfe sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten abgedeckt. 

Was sollte bei der Prozesskostenhilfe noch bedacht werden?

Ein wichtiger Punkt ist, dass die Prozesskostenhilfe immer nur das Verfahren berücksichtigt, auf das sich der Antrag bezieht. Wird im Anschluss an dieses Verfahren ein Folgeprozess notwendig, beispielsweise um das Urteil vollstrecken zu können oder weil eine der Parteien Berufung einlegt, ist für den Folgeprozess ein neuer Antrag erforderlich.

Daneben sollte sich der Antragsteller im Vorfeld darüber informieren, wie hoch die Verfahrenskosten voraussichtlich ausfallen werden. Dies liegt daran, dass die Partei, die das Verfahren verliert, in aller Regel die Prozesskosten der Gegenpartei übernehmen muss. Die Prozesskostenhilfe deckt diese Kosten aber nicht ab, sondern umfasst ausschließlich die eigenen Kosten. Eine Ausnahme bilden lediglich arbeitsrechtliche Verfahren in erster Instanz. Hier werden dem Verlierer die Prozesskosten der Gegenseite nicht auferlegt.

Außerdem ist wichtig zu wissen, dass das Gericht die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in einem Zeitraum von vier Jahren nach Prozessende überprüfen kann. Sollte sich herausstellen, dass sich die finanzielle Situation verbessert hat, kann das Gericht die festgesetzte Ratenzahlung widerrufen oder sogar die Rückerstattung der gewährten Prozesskostenhilfe fordern. Im Gegenzug kann die Höhe der Monatsraten aber auch gesenkt werden, falls sich die wirtschaftliche Lage zwischenzeitlich deutlich verschlechtert hat.

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